Schnee

Spätnachmittags, es hat geschneit. Die Bauarbeiter auf der Großbaustelle gegenüber frohlocken, verzichten auf Steine und Mörtel, sie bauen die Mauern mit Schnee weiter, immer höher und höher! Das große Baustellenlicht (mehrere Tausend Watt) leuchtet heut’ sicher lange in den Abend hinein und die Kopfkissen werden zufriedene Gesichter betten.

Homer Simpson und die Bibel

Homer Simpson ist wohl gar nicht so dumm und ungebildet, wie alle immer denken! In irgendeiner Folge, es muß eine nach den goldenen ersten elf Staffeln gewesen sein, wird er gegen seinen Willen per Flugzeug irgendwo hingeflogen; ich meine mich zu erinnern, daß er sogar außen am Flieger dranhängt. In seiner Angst und Verzweiflung ruft er höheren Beistand an: «Rette mich, Jebus!»

«Haha, lustig!», lachten darüber alle, «er muß Woche für Woche in die Kirche gehen und weiß trotzdem nicht mal richtig, wie einer der dortigen Drittelchefs mit Vornamen heißt – wie peinlo!» Peinlo aber in Wirklichkeit für alle, die den Serienmacher/innen dergestalt auf den Leim gingen, denn sie kennen das alttestamentliche Buch Deuteronomium nicht. Dort ist in Vers 20,17 Weiterlesen

Henscheid d. J. über Adorno über »Fit« »for« »Fun«

„Ach!, hätte Adorno doch das Erscheinen der Zeitschrift ‹Fit for Fun› noch erleben dürfen, er hätte im Dreieck geschrieben! Elysisch-flirrend-herzumspielend die Vorstellung, wie er, der inneren Logik des Titels folgend, beginnend beim Stahlbad »Fun« über das zwecklerische »for« zum die Autosuppression indizierenden »Fit« sich, hihi, vorarbeitend Kaskade um Kaskade, stetig komplexer werdend wie stets, in die Schreibmaschine meißelt – freilich ohne Weiterlesen

Ein halbes Dezennium Goldt

Heute sehe ich zum fünften Mal in Folge Max Goldt, den (man verzeihe mir den eigentlich unpassenden, aber zum Zwecke der Alliteration verwendeten Ausdruck Doyen) Doyen der Digression, ‹zwischen den Jahren› im Nürnberger Hubertussaal. Das ist mittlerweile zur süßen Gewohnheit geworden wie der alljährliche grippale Infekt nach den Weihnachtsfeiertagen – der dieses Jahr allerdings, «toi toi toi», erfreulicherweise ausblieb.

‹Zwischen den Jahren›, das sagen die Leute, weil ihnen als «Jahr» nur die Zeit ehrlicher Hände Arbeit gilt, was recht hübsch auch durch das Gegensatzpaar «unter der Woche» für die Werk- und «Wochenende» für die arbeitsfreien Tage Sams- und Sonntag illustriert wird. Denn ‹zwischen den Jahren›, Weiterlesen

An M. F.

Wenn ich, wie Du, mich nie dem Liken menge
Und stillen Monitorings Segen suche, –
Ich werde nie mich neigen vor der Strenge
Der fremden Prüfer in dem blauen Buche.

Sie sitzen ewigscrollend vor den Röhren
Und harren deiner lang ersehnten Kunde,
Sie kürzen sich die Zeit schon mit Likören –
E i n  Post von Dir wär’ ihnen Sternenstunde.

Doch, wenn Du, Dunkler, den schon Desparaten
Die Timeline zierst, dann jubeln sie verschieden;
Dich liken manche dann, den Renegaten
(Und können ein Zurücklike kaum erwarten),
Die meisten aber nicken nur zufrieden.

(Andreas Maria Lugauer, nach einer Vorlage von Rainer Maria Rilke)

 

Hym(n)en

Vor langer Zeit hatte ich an der Uni ein Referat über die Hymnen Goethes zu halten (‹Prometheus› etc.).
Als kleinen Witz hätte ich dabei gerne «Goethes Hymen» als Überschrift aufs Handout gedruckt (Hymen ist griechisch für Jungfernhäutchen). Aber das traute ich mich dann nicht; auch wenn Goethe hinsichtlich Hymen bzw. Defloration kein unbeschriebenes Blatt gewesen sein dürfte und es insofern sogar eine gewisse Berechtigung gehabt hätte, zumal das Seminar sich ausschließlich mit dem Werk des jungen Goethe beschäftigte. Bis heute ärgere ich mich darüber, diesen Witz ausgelassen zu haben.
Nicht schlecht staunte ich nun, wie der Lyriker Stefan George dieses Problem 1922 bei seinem Gedichtband ‹Hymnen – Pilgerfahrten – Algabal› gelöst hatte. Der alte Hammel.