Hegel: Du wirst halt nur vom Schmieden Schmied.
Lugauer: Du wirst halt nur vom Werden Werder.
Kritische Theorie
Kritik am Symposium »Ästhetik nach Adorno«, eine Replik
Es mag einer gewissen Empathie geschuldet sein, dass du dich um die studentischen Referentinnen sorgst, die neben Forscherinnen und Doktorandinnen dort vortragen würden, da es letztlich um das hartnäckig waltende blanke Eigeninteresse der Veranstalterinnen ginge. Dabei zu unterschlagen, dass es sich um ein studentisch organisiertes Symposium handelt, ist, nunja: unfein. Denn wo du gravitätisch forderst, »das an Ästhetik interessierte Forschersubjekt« müsse sich auf die Gegenstände »einlassen« und sich ihnen »passivisch anschmiegen«, tust du dem Gegenstand deiner Kritik Gewalt schon durch Unterschlagung an.
Und damit betest du deinem Vorbild zwar ganz und gar folgsam nach, handelst ihm aber – ei wie’s in der Religion halt allemal zugeht – stur zuwider. Der Vorwurf der »akademischen Sprechautomaten«, er darf freilich auch nicht fehlen, schlägt aber doch auf dich zurück. Schau her: Wo du immer von »empathischer Erfahrung« oder vom »empathischen Sinne« schreibst, obwohl es, bei allem Mitgefühl, keinen Sinn ergibt, da steht bei deinem Messias meist »emphatisch« – das h nur zwei Plätzlein woanders und dennoch ein Unterschied um die Welt.
»[A]ls bestünde nicht ein bis in die Form eines jeden Satzes sedimentierter Erfahrungsgehalt seines [i.e. Adornos] Denkens in der Kritik abstrakter, den Sachen bloß übergebügelter Methode« – es soll alles ganz so wirken, als wären deine Ausführungen nicht bloß der dir selbst aufgebügelten Methode geschuldet; als wäre die Rede vom »bis in die Form eines jeden Satzes sedimentierten Erfahrungsgehalt seines Denkens« nicht schamlos sowohl bei Adorno selbst als auch bei der Sekundärliteratur über ihn zusammengeklaubt.
Wie das hier: »Gerade an Adorno aber, der das subjektivistische Zeitalter antizipierend und in immer neuen Wendungen kritisierte« – ob es direkt ausm Lexikon abgeschrieben oder doch paraphrasiert ist, ich mag es gar nicht nachschauen – »könnte man sich heute diese schier unendliche Neigung sich selbst absolut zu setzen, bewusst machen, sich also selbst in der Erfahrung einholen.« Vom Kommafehler abgesehen: Die »unendliche Neigung« hast du dir, ganz »an Ästhetik interessiertes Forschersubjekt«, bei den Poeten abgeschaut, gell? Sagen, was du meinst, würdest du jedoch mit »unbezwingliche Neigung«; bitteschön.
Kondensat deiner Adorno-Lektüre dürfte dann dies sein: »Indem sich das einzelne Individuum im Kunstwerk selbst verliert, kann es seinen [sic] Allmachtsphantasien innewerden und sich selbst zurücknehmen. Allein darin liegt die allzu leicht gezückte Wendung von der Kunst als Statthalter des Nicht-Identischen.« Allein darin. Basta! Schön aufgesagt (fast möchte ich dir ein Gutzettelchen ausstellen). Wie auch die Statthalter der autonomen Kunst: Wo die ästhetischen Schriften deines großen Vorbilds auch die Frage der Möglichkeit von autonomer Kunst sind, da deklarierst du Beckett, Celan und Georg Kreisler (haha) umstandslos zur »bürgerlich-autonomen Kunst«. Wie Heiligenfiguren, die in Kirchen herumstehen. Was es aber mit der Autonomie der Kunst auf sich hat, scheint dir wurscht zu sein.
Zu den eingangs erwähnten autoritär vorgetragenen Zitaten Adornos und Benjamins kommt am Ende freilich noch eine weitere Autorität hinzu: »Kritiker[] Magnus Klaue«, selbst Vortragender auf dem Symposium. Wolle man in Zukunft die Finanzierung solcher Veranstaltungen nicht gefährden, solle man Leute wie ihn besser nicht einladen, habe doch wegen ihm »die queerfeministische Querfront [gut zusammengeklaubt, sogar mit Alliteration!] des StuPa der HU die monetäre Unterstützung verweigert«. Schließlich, so insinuierst du hier, gelänge es heute kaum mehr, sich nicht von queerfeministischer Scheiße das kritische Geschäft versauen zu lassen.
Das notabene o b j e k t i v e kritische Geschäft, wie du es zu betreiben vorgibst. Darin dürfte denn auch begründet sein, dass du das alles im Schutze der Anonymität vorträgst. Spricht hier doch die an die Objekte angeschmiegte Subjektivität, die sich, wo sie jene tingiert, ihrer selbst bewusst ist und jene selbstbewusst reinigt. Und wo’s derart objektiv zugeht, da braucht’s die Angabe des Urhebers freilich nicht mehr. (»tingieren« habe ich bei Adorno schon öfter gelesen und es passt hier ganz gut.)
Gelesen und ausgelegt sei Theodor W. Adorno, Amen.
PS: Man trennt »A-dor-no«, nicht »Ad-or-no«. Aber du liest dir deinen Schamott ja scheint’s nicht mal mehr durch vorm Austeilen. Hauptsache es sind exakt 2 DIN-A4-Seiten kritisch klingenden Gesuders.
Triple H, der Dialektik-Wrestler
Was nur wenige wissen: Die Abkürzung Triple H des WWE-Wrestlers Triple H steht für Hans Heinz Holz. Sein Trademark Move ist der Steam Hammer’n’Sickle, finishen tut er mit dem Dialeck Breaker. Als Einlaufmusik (hehe) läuft immer die Internationale, und seine weibliche Ringbegleitung sieht einfach arbeiterklasse aus!
Komikkritik: Nein. Quarterly
Akademiker*innen scheinen Eric Jarosinskis »Nein. Quarterly« (er über sich auf Twitter hinter einer Adorno-Vignette: »A Compendium of Utopian Negation«) mitunter innig zu lieben. Aber warum? Weil es in der »Zeit« erscheint?
Ich habe keine Ahnung, was ich damit anfangen soll. Lacht man da drüber? Lässt man sich »zum Nachdenken anregen«? Mich jedenfalls berührt es in seiner Trockenheit und Sprödigkeit so sonderbar unangenehm, dass ich nur weg will davon. Was es – wie Profilbild und Gehabe implizieren sollen – mit Kritischer Theorie im Speziellen oder Dialektik im Allgemeinen zu tun haben soll, bleibt mir verschlossen.
»Die Zeit« beschreibt seine Sachen als »abgründige Sinnsprüche«, die auf Twitter Zehntausende Follower fänden, und freut sich, seine Printkolumne drucken zu dürfen.
Mir kommt das nur vor wie Reiswaffeln pur ohne dazu was trinken zu dürfen.
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NB: Lesenswert dazu ist die Humorkritik aus TITANIC 9/2015: http://www.titanic-magazin.de/humorkritik/2015/september/hk/mein_bloeder_zwilling-8
Steckt euch alle an!

»Gelacht wird darüber, daß es nichts zu lachen gibt. … Das versöhnte Lachen ertönt als Echo des Entronnenseins aus der Macht, das schlechte bewältigt die Furcht, indem es zu den Instanzen überläuft, die zu fürchten sind. Es ist das Echo der Macht als unentrinnbarer. Fun ist ein Stahlbad. Die Gesundheitsindustrie verordnet es unablässig.« (Horkheimer/Adorno: Dialektik der Aufklärung, GS 3, S. 162)
Kritische Neckereien
Was antwortete Max Horkheimer, wenn man ihn mit »Mach’s gut!« verabschiedete? »Mach’s Horkheimer!«
Adorno, freilich vom Frankfurter-Schulrektor nicht sich unterbuttern lassend und nie um eine zusätzliche dialektische Wendung verlegen, pflegte daraufhin jovial feixend zu antworten: »Gut, Horkheimer, Paulaner!«
»Ein Sauhund, der Teddy!«, dachte Horkheimer in den Entstehungstagen der Dialektik der Aufklärung danach oft, »da juble ich jetzt, wenn er nicht herschaut, einen Widerspruch in die Dialektik der Aufklärung rein, den nicht einmal er bemerkt bzw. kapiert respektive eventuell noch zur bestimmten Negation emporretten kann hehe.«
Ob’s ihm gelungen ist, das bleibt sein Geheimnis, ebenso wie ob’s ihm Adorno nicht womöglich wissentlich hatte durchgehen lassen.
Zurichtung

»… gegen all das uns Auferlegte, gegen das, was die Welt aus uns gemacht hat und noch in unendlich viel weiterem Maß aus uns machen will. Etwas anderes als die Reflexion darauf bleibt uns nicht, und der Versuch, von vornherein im Bewußtsein seiner objektiven Ohnmacht dagegen anzugehen; …« Adorno: Probleme der Moralphilosophie (1963), Frankfurt a.M. 1996, S.249.
Radio Marx
Übrigens: Ich übernehme den Nürnberger Lokalradiosender afk max und benenne ihn um zu afk MARX.
Programm sieht dann so aus, dass einfach pausenlos aus den Marx-Engels-Werken vorgelesen wird, nämlich chronologisch MEW-Bd. 1, 2 …, 44 und wieder von vorne. Und zwar mit Verve!
Zwischendurch, wie es sich für einen Radiosender gehört, Nachrichten, z.B. «Ist der Sozialismus schon verwirklicht? Der Blick ausm Fenster sagt: Nein», «Löst sich der Staat schon selbst auf? Auch nein», Börsenkurse, Rohstoffpreise (Tee, Weizen, Leinwand etc.) + tagesaktuelle Zustandsbeschreibung des revolutionären Subjekts.
Vorstellbar wären auch Zuschauerquizze mit unterschiedlich schwierigen Fragen wie «Bestimmt das Bewusstsein das Sein oder das Sein das Bewusstsein?», «Was steht in MEW 14 auf S. 59 in Z. 32–35?», «Wie viel wog Karl Marx’ Kopfbehaarung?»
Sonntags um 12 Uhr dann für eine Stunde Musik. Playlist:
– Madonna: «Materialistic Girl»
– Metallica: «Welcome Home (Proletarian)»
– Notorious B.I.G.W.F. Hegel: «Phenamanahlogy of Spirit»
– Faith No More in Chains
– Alice (Still) in Chains
– Freestyle Agitrap von Dialektikal
– ansonsten Historic-Materialistic Metal, Progressive Produktivkraft Metal
So könnt’s klappen mit der Agitation der Massen!
Synaesthesie
«Das Semikolon erinnert optisch an einen herunterhängenden Schnauzbart; stärker noch empfinde ich seinen Wildgeschmack.»
Adorno: ‹Satzzeichen›, GS 11, S. 106
Kritischer Zwischenruf
Ein Sonntagnachmittag im September 1964 auf einem Provinzfußballplatz nahe Frankfurt, 87. Spielminute, es steht 2:2, die Partie geht in die kritische Phase. Ein älterer Zuschauer im Anzug, mit Hornbrille und Halbglatze plärrt: «Auf geht’s, Jungs, Adorno und dann Habermas!»