Schmarrn von vor 22 Jahr’n

14 oder 15 Jahre war ich alt, da machte ich bei einem riesigen deutschen Automobilhersteller ein Praktikum als Werkstoffprüfer. Diesen Ausbildungsberuf hatte ich zuvor bei einem Tag der offenen Tür mit volksfestartiger Umrahmung für mich auserkoren. Während dieses Praktikums erlebte ich etwas, das ich bis heute für ausgemachten Schmarrn hatte.

Ich und die anderen Praktikanten (ja, alle m) sollten irgendwelche kleinen Dinger ganz genau wiegen. Dazu gab es in der Abteilung eine recht genaue Waage mit einem würfelförmigen Plexiglaskasten von wahrscheinlich 15 cm Kantenlänge über der Wiegefläche, dessen obere Fläche als Klappe diente. Wir sollten die kleinen Dinger auf die Waage legen, dabei aber darauf achten, die Klappe oben ganz schnell zu öffnen und ebenso schnell wieder zu schließen. Denn: »Die Luft wiegt auch was!«, wie uns die uns betreuende Auszubildende einschärfte. Worauf ich innerlich mit einer ausgeprägten Finger-um-die-Schläfe-Geste reagiert habe.

Denn mal ehrlich: Das ist doch ausgemachter Schmarrn. Natürlich bin ich kein Luftdruckskeptiker, -kritiker oder gar -leugner (wohl aber Blutdruckleugner) und erkenne an, dass auch Luft was wiegt, obwohl es nur Luft ist, aber: Als könnte eins auf diese Weise das Messergebnis beeinflussen. In Wolkenkuckucksheim vielleicht!

Welche Messgenauigkeit die Waage hatte, weiß ich gar nicht mehr. Recht viel besser als eine Feinwaage zum Espressoabwiegen dürfte sie jetzt auch nicht gewesen sein, also ein Zehntelgramm Messgenauigkeit wahrscheinlich. Und selbst wenn es ein Hundertstelgramm gewesen wäre: Kein Mensch kann durch schnelles Deckelöffnen und ‑schließen eine relevante Menge Luft aus so einer Waagenabdeckhaube draußen halten. Das Teil machte auch keinerlei Eindruck, irgendwie luftdicht zu sein.

Wenn ihr mich fragt: Wäre der Kasten luftdicht gewesen und im Innern die Luft abgesaugt worden, wäre das Ergebnis auf der Anzeige zu merken gewesen. Schließlich wiegen 3,375 l Luft (= Würfel mit 15 cm Kantenlänge) bei einer angenommenen Dichte von 1,293 g/l immerhin 4,363875 g! Dann hätte ich gestaunt, denn das hätte ich mit 14 oder 15 Jahren nun wirklich nicht gedacht. So jedoch habe ich mich damals sehr gewundert und zwei Dekaden später schreibe ich es ins Internet.

Gelernt habe ich dann einen anderen Beruf bei einer anderen Firma.

Aussprachehilfen

Die berühmteste Tochter von der Elbe
Ist nach wie vor der Spice Girls’ Mel B.

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Am schönsten in der Alten Mälze
Sang nach wie vor der Spice Girls’ Mel C.

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Am liebsten schlug der Spice Girls’ Emma
Die anderen Girls im Ring bei MMA

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Als liebsten Snack aß Mon Chérie
Das rote Spice Girl, die Geri

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Der Ehemann aus den Hallen von Moria
Sie elfengleich sportlich: Spice Girl Victoria

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Löcher, anyone?!

»Bitte nehmen Sie den Nachweis zu Ihren Versicherungsunterlagen.« Sehr gerne, aber: Bitte locht die Unterlagen doch, bevor ihr sie verschickt. Lochen konnten sogar manche Kopierer an der geisteswissenschaftlichen Fakultät, an der ich studiert habe (und auch tackern!), das kann für eure riesigen Briefproduktionsmaschinen ja gar kein Problem sein. Oder haltet ihr eure Kund*innen sämtlich für Verwaltungsbeamt*innen, die auch zuhause ihren Papierkram in Hängeregisterschränken aufbewahren statt in, wie es normale Menschen tun,  O r d n e r n ?

Jetzt schlägt’s 25, Nr. 5!

Gelobt habe ich Nr. 5, mein aktuelles Smartphone, schon oft. Jedes Lob unterschreibe (?) ich nach wie vor. Jetzt, nach zwei Monaten, gibt es Grund zum Tadel.

Diese Woche wurde das Gerät auf Android 12 upgedatet. Viel, viel später erst als Geräte manch anderer Hersteller und während Android 13 bereits draußen ist. Und das, obwohl die Updatepolitik von OnePlus noch vor kurzem, als ich für die Anschaffung recherchiert habe, als außerordentlich flott bezeichnet wurde. Grmpf.

Was das Update im Detail alles bewirkt, vermag ich wie so oft gar nicht zu sagen. Hauptsache, up to date. Eine Neuerung finde ich aber dämlich, um nicht zu sagen: beknackt. Geschuldet dürfte sie dem Zwang des Kapitalismus sein, permanent mit Neuem aufwarten zu müssen, obwohl es gar nicht permanent was Neues gibt/geben kann. Und so entschied OnePlus sich, das gewöhnliche 12h-Ziffernblatt zu ersetzen durch ein 24h-Ziffernblatt:

»Die wissen auch nicht mehr, wie sie spinnen sollen!« (Oma, in anderem Zusammenhang) Die normale Uhr ist noch im 12h-Format. Noch!

A Light in the Dark

»Sehr geehrter Herr Lugauer«, schreibt mir meine Bank, »heute haben wir gute Neuigkeiten für Sie: Es gibt wieder Zinsen auf Ihr erspartes Geld«! Geil! Endlich wieder mit Nichtstun fett absahnen! Die hammergute Nachricht setzt die Kundenkommunikation – zurecht! – fett: »Ab dem 06.12.2022 gibts [sic] auf Ihrem Extra-Konto 0,3% Zinsen p.a. anstatt der bisherigen 0,001% Zinsen p.a.« Das ist ja der motherfucking OBERHAMMER! Das ist nicht weniger als eine VERDREIHUNDERTFACHUNG der Zinsen! REIßT DIE FENSTER AUF UND DREHT DIE HEIZUNGEN AUF 6!! Als wäre das der guten News nicht schon genug, legt die Bank nach: »Und zwar ab dem ersten Cent« – hold on to your seats! – »ohne Wenn und Aber.« OHNE WENN UND ABER! Die Kund*innen weinen vor Glück.

Was diese Generösität bedeutet, buchstabiert die Bank noch aus, denn es kann vor Verzückung ja niemand fassen: »Sparen lohnt sich also wieder und es macht Sinn, immer etwas Geld auf der hohen Kante zu haben.« Vor lauter Zinserhöhung von abgerundet 0 auf 0,3 ist es auch schwierig, sich für so einen Batzen einen Verwendungszweck vorzustellen, daher illustriert das Geldhaus: »Für besondere Fälle, den nächsten Urlaub oder die kaputte Waschmaschine.« Ich glaube, es reicht für alles drei zusammen.

Geschröpft

Neulich wurde ich geschröpft. Und zwar mit Ankündigung. D. h. ich wurde gefragt: »Wurden Sie schon mal geschröpft?« Ich verneinte, und schon ging’s los. Wo befand ich mich? Auf einer Liege in einer Physiotherapiepraxis.

Der ganze Vorgang erstaunte mich doch sehr. Denn ich hatte schröpfen bislang nur im Sinne von ›jemandem mit List oder Geschick unverhältnismäßig viel Geld abnehmen‹ gekannt. Dass das ein Heilverfahren ist, war mir nicht bekannt gewesen.

Jetzt ist die Frage: Warum ergeht es solchen seit alters bekannten Heilverfahren so, dass sie metaphorisch nur für Negatives gebraucht werden? Mit dem Aderlass ist es das gleiche. Der mag zwar medizinisch Quatsch sein – wobei er in der wissenschaftlichen Medizin bei einigen wenigen Krankheitsbildern noch angewandt wird –, ist aber metaphorisch herabgesunken zu ›Einbuße, spürbarer Verlust‹. Irgendwelche Sprachwissenschaftler*innen und Hobbysprachhistoriker*innen werden’s wissen.