Journalist auf Twitter: MinisterpräsidentInnen nähmen KultusministerInnen »das Schulheft des Handelns aus der Hand« und diese Metapher ist so kaputt, ich will mir den Kopf abtrennen.
(Quelle)
Journalist auf Twitter: MinisterpräsidentInnen nähmen KultusministerInnen »das Schulheft des Handelns aus der Hand« und diese Metapher ist so kaputt, ich will mir den Kopf abtrennen.
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Erstaunlich am #besonderehelden-Clip der Bundesregierung zum Thema #Zuhausebleiben: Der ältere Herr spricht aus einer 40 bis 50 Jahre entfernt liegenden Zukunft über sein jetziges Pandemie-Ich. Sollte er das nicht mit Cyber-Sonnenbrille und Galaxy-Friese auf einem Hover-Sofa vor komplettem Future-Setting mit lauter Robotern und Lasern im Hintergrund tun? Stattdessen sieht das alles aus, wie es das im Jahre 2020 bei gut situierten älteren Herren mit ordentlich »Polster« aus der Altersvorsorge halt tut. Warum hat da niemand gerufen: »Stoppt die Bänder! Da stimmt doch hinten und vorne nichts! Holt doch Luc Besson und Jean Paul Gaultier und Bruce Willis und die sollen das dann aufziehen wie bei Das fünfte Element!«
Mark Fisher hatte recht: The future is cancelled.
Vor zwei Monaten schrieb Stefan Gärtner in seiner wöchentlichen Titanic-Kolumne »Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück«: »Wer mehr als eine Hose hat (und ich habe gewiss sieben), darf sich immer fragen, ob der Gegenwert der spätestens dritten nicht bei der Flüchtlingshilfe anzulegen gewesen wäre«. Jetzt ging mir vor kurzem von meinen vier Hosen eine kaputt und so evident scheinen mir Gärtners hypotaxenschlagende Argumentationen seit je, dass ich mich frage, ob ich mir, trotz seiner eingestandenermaßen sieben, moralisch gesehen überhaupt eine neue kaufen darf.
Mit der heutigen Ausgabe endet seine Kolumne nach sieben bzw. zehn Jahren. All den Angegriffenen, Behandelten, Gemaßregelten des herrschenden Betriebs mag sie nichts geholfen haben; hat sie doch auch wohl niemand von ihnen je gelesen. Mir hat sie, Frühstück um Frühstück, viel geholfen. Ihr geringstes, wenngleich nicht geringes Verdienst wäre, dass ich um die Bedeutung des Ausdrucks »autochthon« weiß, und zwar, darum nicht gering, nicht nur im lexikalischen Sinne. Geholfen hat sie mir irgendwann so viel, dass ich Gärtner hin und wieder abwatschen mochte, weil er dann doch mal so gleißend danebenlag und etwa Frauen altherrenreaktionär ihren verbalen Umgang mit der Menstruation diktieren wollte.
Drum sei der Zukunft keine Träne vorausgeweint. Gedankt sei’s aber ihm.
Gefragt habe ich mich im übrigen immer, wie er es Woche für Woche schaffte, mitten in die Texte so passgenaue Zitate zu montieren, die eins oft erstmal kennen musste. Dass mir da das letzte – es sind die Schlusssätze aus dem meines Wissens letzten vom denkschulstiftenden Adorno publizierten Text, »Resignation« – nicht recht schmeckt, weil es ein bissl selbstgerecht schmeckelt, fügt sich immerhin ins Obige ein.
Ich will Schmerzensgeld, Suhrkamp Verlag!
Als ob Walter Benjamins Dissertation »Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik« leicht zu verstehen wäre – Deine Werkausgabe bringt mich an den Rand der Zerebralexplosion, indem Du in ihr die Reihenfolge zweier Zeilen vertauschst und damit einen Nebensatz von vorne bis hinten ungrammatisch machst:

Bevor mir das Hirn vollends zerstob und ich alle Zweifel an meiner Lesefähigkeit einzuräumen willens war, suchte ich nach einer anderen Ausgabe und fand sie im Digitalisat der Erstpublikation von 1920, wo Wort für Wort aneinandergereiht ist wie vom Verfasser vorgesehen und von den Leser*innen benötigt.
Ich erinnere mich, diesem Fauxpas – oder vielmehr dieser neckisch gedachten Schelmerei? – in einem Deiner Topprodukte schon einmal begegnet zu sein; bloß nicht mehr, wo.
Suhrkamp Verlag! Beim dritten Mal komme ich vorbei und verdrechsle Soll und Haben.
Textausschnitt: Benjamin, Walter: Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik, in: ders.: Gesammelte Schriften, Band I.1, Abhandlungen, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980 [1974], S. 7–122, hier S. 67.
Gerade am Telefonieren dranne sein und plötzlich ein Klackern in der Leitung wahrnehmen. Normale denken sich dann – so sie es überhaupt als bedenkenswert empfinden –: »Hä?« und nichts weiter und gehen des weiteren Telefonates nach. Hinterher kriegt man mit: Das war ein zweiter Anruf! Eine arme Person versuchte, ein Telefonat zustandezubringen, und musste aber am unendlichen Freizeichen darben. Vielleicht sogar mehrmals, weil das laufende Telefonat etwas länger dauert.
Was für eine dumme Funktion! Früher, ja früher hätte ein Besetztzeichen schalmeit. Wollte man wen anrufen und hörte das, konnte man wissen: »Aha! Da wird gerade telefoniert! Also probiere ich es in 2/10/30 Minuten wieder!« Allen war geholfen. Die Telefonierenden konnten telefonieren, die es Versuchenden waren im Bilde.
Nur weil es die Technik möglich macht, quälen uns die Telefongesellschaften seit längerer Zeit ungefragt (!) mit dieser für Normaltelefonierer schwachsinnigen Funktion. Ja, könnte man sich diesen Service, wenn man ihn als Multi-Call-Fähige*r braucht, willentlich freischalten lassen oder dazubuchen, dann wäre mir das wurscht. Ich würde es eben nicht machen.
Im Leben käme ich nicht auf die Idee, einen laufenden Anruf zu »halten«, um nachzuhören, wer da noch so mit mir reden möchte. Weil hundert pro würde ich beide aus der Leitung schmeißen oder wasweißich. Wo sollte ich denn da überhaupt hindrücken?
Und wie sollte es erst meine Endachtziger-Großmutter, die von dieser Funktion ebenfalls vor ein paar Jahren ungefragt heimgesucht wurde. Die arme Frau lernte mühsam in jahrelanger Lernarbeit, wie sie Leute mit Kurzwahltasten anrufen kann. Und kein Mensch weiß, wie die Anklopffunktion wieder abgestellt wird bzw. umgestellt auf das womöglich ordinäre und altmodische, aber doch ungemein praktische Besetztzeichensystem. Ja Kruzifixsakrament!
(Dieser Beitrag entstand, weil ich, erst rund ⅓ der Erdenzeit meiner Großmutter hier herumwesend, heute betrübt feststellen musste, dass mein aktueller Mobilfunkanbieter es ebenfalls als meinen Telefonierwünschen entsprechend auffasst, niemandem mehr ein Besetztzeichen zu präsentieren, mir aber ominös in die Leitung zu klackern. Betet, chantet, spiritiert o.ä., dass ich das umgestellt kriege.)
Spaghettieis wurde, so behauptet er es jedenfalls, vom Mannheimer Eisfabrikanten Dario Fontanella exactamente am 6. April 1969 erfunden (vgl. Wikipedia). Nun gut, wer wäre ich, das anzuzweifeln. Anzweifeln möchte ich aber Folgendes: In der Abteilung »Trivia« des besagten Wikipediaartikels heißt es: »Laut Dario Fontanella soll es in der Anfangszeit der Eisspezialität öfter zu Tränenausbrüchen bei Kindern gekommen sein, die einen Eisbecher wollten und keine Nudeln mit Tomatensauce.« Und naja, das klingt mir doch schon sehr dahergelogen oder jedenfalls konstruiert. Denn einerseits: Sooo dumm sind Kinder nun auch wieder nicht und waren es wohl auch in der Anfangszeit der Eisspezialität »Spaghettieis« kaum.
Und andererseits: Warum sollten Kinder nach der Anfangszeit dieser Eisspezialität nicht mehr geheult haben, weil sie ein Eis und keine Nudeln mit Soße gewollt hatten. Wenn dieser Wahrnehmungsfauxpas Vierjährigen in den 1960ern unterläuft, dann doch auch Vierjährigen in den 1990ern oder 2020ern, was Freunde. Heutzutagige Kinder machen doch keine erfahren wegwerfende Handbewegung und sagen: »Pfffft, das sind doch keine Nudeln! D a m i t führt ihr mich nicht hinters Licht, Leute *gähn* Das ist Spaghettieis, das gibt’s seit 50 Jahren schon ☝️🧐«
Ich glaube, Herr Fontanella ist einfach ein normaler Kaufmann, der seiner (angeblichen) Erfindung mit einer kleinen harmlosen Flunkerei ein gewisses Air verleihen wollte. Oder: »soll es … öfter zu Tränenausbrüchen bei Kindern gekommen sein« müsste eigentlich heißen: »soll es einmal [max. zweimal] zum Tränenausbruch eines Kindes gekommen sein, das aber schon ganz besonders falsch hingeschaut hatte und von seinen Geschwisterärschen dafür zeitlebens aufgezogen wurde«. Damit schaffst du es aber kaum in die Wikipedia-Trivia-Abteilung bzw. in den Mannheimer Morgen.
In diesen informationsunsicheren wie ‑umkämpften Zeiten sollten wir alle aufpassen, was wir glauben wollen und was nicht. Damit GuMo und einen tollen Tag, Leute👍
Gestern war bekanntlich (?) der längste Tag des Jahres. Die Heavy Metal-Band Iron Maiden hat auf ihrem Album »A Matter of Life and Death« – in Fachkreisen (?) auch AMOLAD akronymisiert –, auf dem sie endloses abwechslungsloses Gedudel in niemals endenden Liedern mit Prog Metal verwechselt, einen Song namens »The Longest Day«. Darin geht es aber nicht etwa um den längsten Tag des Jahres und es ist auch keine selbstironische Referenz auf die quasi-infiniten Stücke der Platte. Sondern:
»Mit The Longest Day lieferten Iron Maiden einen weiteren Song mit geschichtlichem Hintergrund. Die Operation Overlord der Amerikaner im Juni 1944 und der damit einhergehende Sturm auf die Omaha Beach werden hier thematisiert.« (Wikipedier)
»The Longest Day« heißt die Nummer, weil der erste Tag dieser Operation, der D-Day, in Fachkreisen (?) auch »der längste Tag« genannt wird. Statt aber auch nur ansatzweise die Nazis zu thematisieren, gibt der Text ausschließlich die subjektiven Eindrücke der GIs wieder, die gegen wer-weiß-wen kämpfen könnten und wir müssen Schmarrn hören wie »Valhalla waits, valkyries rise and fall / The warrior tombs, lie open for us all« oder »Drowning men no chance for a warrior’s fate / A choking death enter hell’s gate«. Naja. So, jetzt wisst ihr’s!
Indikatoren des Patriarchats: Die besten und berühmtesten Köchinnen – einer weithin als solche aufgefassten Frauentätigkeit –, sind Männer, die besten und berühmtesten Friseurinnen ebenfalls: Männer. Erfolgsköchinnen wie Sarah Wiener hingegen sind funktional maskulinierte Frauen wie Angela Merkel oder Ursula von der Leyen. Dass dieser EU-Kommissionspräsidentinnenschaft und jener Kanzlerinnenschaft irgendetwas Emanzipatorisches oder gar Feministisches eignete außer der Winzigkeit, dass Frauen heutzutage Männerrollen einnehmen dürfen – wehe, sie lassen sich ihre Periode anmerken, und ihre Periodenhygieneprodukte bezahlen sie mal schön selber! –, oder dass die Gesellschaft auch nur ein Gran weiblicher würde dadurch, so ernsthaft können das nur die Damen und Herren von FAZ über SZ und taz bis runter zu den Provinzkäseblättern in ihren Artikeln glauben.
Ich glaube, auch die beste Frauenfußballerin könnte nur ein Mann sein.