»Ich bereue nicht«

nordbayern.de über den 1. FC Nürnberg (aktuell letzter Tabellenplatz, die letzten 18 von 25 Spielen keines gewonnen, müsste ab jetzt ungefähr jedes der kommenden neun Spiele gewinnen; steigt heuer zu praktisch 💯% wieder ab): »Trotz der nächsten Pleite: Der Club gibt nicht auf«.

Screenshot nordbayern.de, 11.03.2019

Lustig wär’s immerhin, wenn der Verein vermeldete: »So, Freunde, das wird heuer nix mehr. Wir geben auf! Die drei Punkte der verbleibenden Spiele bekommt einfach gleich immer der Gegner. Wir zocken bis zur Sommerpause ›FIFA 19‹ und schauen, ob wir da was reißen können bzw. wer der Beste von uns ist. Die BuLi-Entwicklung verfolgen wir entspannt bei Bier und Schafkopf im Fernseh auf Sky. Im Sommer bereiten wir uns dann auf die kommende Zweitligasaison vor. Dort drunten heißen wir dann übrigens bis zum nächsten Wiederaufstieg 2. FC Nürnberg hehe.«

Aber wo sollten die Leute dann ihr Geld bei einem sicheren Absteiger zum Fenster rausschmeißen hintragen? Wo sich mit Leichtbier einen ansaufen? Wo sollten die Ultras ihre Schlägereien austragen und gleißend helle Schmuggelware anzünden? Wie einsam, unbehelligt, gar unbelästigt sollen sich die unbeteiligten ÖPNV-Gäste vorkommen, wenn eigentlich Heimspiel wäre?

Nein, nein, es ist schon besser so, dass der Club »bei allem Frust weit davon entfernt [ist], bereits die weiße Fahne zu hissen« (nordbayern.de, ebd.).

PS: Im Frühjahr 2014 wurde anlässlich der »Aufholjagd« vom Tabellenkeller eine Fan-Kampagne unter dem Titel »Ich bereue diese Liebe nicht« gestartet. Zu erreichen war sie unter der URL http://www.ich-bereue-nicht.de sowie auf der offiziellen Seite des 1. FC Nürnberg unter http://www.fcn.de/ich-bereue-nicht (siehe hier). Welch unselige Abkürzung! Warum? Rudolf Hess in seinem Schlusswort beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess: »Ich bereue nichts!« Aber so viel Geschichtsbewusstsein, von diesem keineswegs unbekannten Hess-Ausspruch schon mal gehört zu haben, kannst du ja von niemandem verlangen. Immerhin: Beide URLs sind mittlerweile nicht mehr aufrufbar.
(Notabene: Gegen den Slogan »Ich bereue diese Liebe nicht« ist kaum was einzuwenden. Freilich: Als ob es an Liebe etwas zu bereuen gäbe; man sucht sie sich ja nicht aus. Aber die Verkürzung auf »ich-bereue-nicht« finde ich unsäglich.)

Alte Leute

Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg: Am Personal-/Bibliothekseingang steht ein älteres Paar und rätselt, wo der richtige Eingang, der zum Museum, sei. Ich, gerade von der Kaffeepause kommend, nähere mich der Szenerie. Als ich das Paar passiere, dreht sich dessen Frau zu mir und sagt:

»Wo ist denn hier der Eingang zum Museum«

Blank dergestalt, kein »Entschuldigung bitte, …«, kein »Verzeihen Sie …« oder ähnliches. Nachdem ich ihnen Auskunft gab, ziehen sie ab, ohne sich zu bedanken oder gar zu verabschieden.

Kneipe »Café Express«, Nürnberg: Eine dreiköpfige Bluesrockband gibt ein Konzert. Es ist nicht nur voll, sondern geht eng her im Gastraum. Nach der Show räumen die Musikanten (»Doc Knotz, Keili Keilhofer [sic] [und ein Dritter, Name vergessen]«) ihr Instrumentarium ins Auto raus. Mit Freunden stehe ich nahe des Eingangs um den nicht mehr besetzten Kassen-Stehtisch.

Eines der Bandmitglieder, weißhaarig und um die 60, nähert sich mit einem Riesentrum in der Hand, ich halte ihm selbstverständlich die Türe auf. Er geht vorbei, ohne sich zu bedanken oder sonst wie sich äußernd. Als er wieder reinkommt, stößt er Freund Mattes, der unglücklich im Eingansbereich steht (es ist schlicht kein Platz), wortlos die Faust ins Kreuz und will ihn wegdrücken. Wir wundern uns über so viel Unverschämt- und Mundfaulheit.

Als er mit der Basstrommel auf dem Weg nach draußen ist, öffne ich ihm abermals die Türe. Wieder latscht er vorbei, ohne einen Ton zu sagen oder anderweitig Beachtung zu zeigen. Ich bescheide ihm: »Da kann man fei danke sagen«, woraufhin er zurückschnauzt: »Naa komma ned!«, zu Deutsch: »Nein, kann man nicht!«

Sauna: Eine ältere Frau, stets im leopardenen Louis-Vuitton-Bademantel auf ihrem Louis-Vuitton-Handtuch im Liegestuhl rumlungernd, ist während des Aufgusses in einer Tour dabei, ihrem Mann irgendwelche Sachen ins Ohr zu labern. Das nervt mich, denn ich bin der Ansicht, es gebe nur recht Weniges, was man während eines zehnminütigen Aufgusses unbedingt mitteilen müsste und nicht bis nach dessen Ende warten könne. Aber wer bin ich, da gleich rumzumosern.

Als sie nach dem Aufguss – fast alle verlassen die Kabine, unter anderem sie und ich bleiben noch ein wenig hocken –, komplett alle Rücksicht fahren lässt und daherlabert, als befänden wir uns im musikdurchwogten Wirtshaus, bitte ich freundlich darum, ob wir nicht noch eine kleine Schweigeminute einlegen könnten, sei doch die Sauna ein Ruhebereich.

Woraufhin ihr nichts Besseres einfällt, als mich anzuraunzen, das stimme überhaupt nicht, in der Sauna dürfe man außerhalb des Aufgusses ganz normal reden. Dass andere davon gestört sein könnten, kommt ihr scheint’s nicht in den Sinn. Der Sinnlosigkeit des Gesprächs eingedenk entgegne ich ihr: »Darüber können wir jetzt gerne streiten, aber bitte schweigend.«

Ihr passt das merklich gar nicht, aber weil ihr wohl kein Konter einfällt, ist sie endlich still.

Wenn ihr mich fragt: Alte Leute sind ganz schöne Wichser, und irgendjemand sollte ihnen mal wieder Manieren beibringen.

»Aber das kann man erstens so krass gar nicht sagen und zweitens stimmt es überhaupt nicht!« Doch. Und doch.

Gewiss, die Klage über die Alten mag alt sein, alt wie die Menschheit gar. Der alte Hesiod z.B., einer der ersten Menschen überhaupt, sagte schon: »Ich habe keine Hoffnung mehr für die Zukunft unseres Volkes, wenn sie von den leichtfertigen Alten von heute abhängig sein sollte. Denn diese Alten sind ohne Zweifel unerträglich, rücksichtslos und altklug. Als ich noch jung war, lehrte man uns gutes Benehmen und Respekt vor den Eltern. Aber die Alten von heute wollen alles besser wissen.«

Augen- und ohrenscheinlich, ach was: alle-Sinnen-scheinlich (sie stinken ja auch so! Außerdem schmecken sie fürchterlich und fühlen sich grauenhaft an) hat diese Klage nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Ob es schlimmer geworden ist, lässt sich ad hoc nicht beantworten. Sicher ist nur: So, wie es zum Wohle aller eine gute Idee wäre, alten Leuten von Zeit zu Zeit eine erneute Führerscheinprüfung abzuverlangen, scheint es sinnvoll, für nach dem Erwerbsleben eine erneute Schulpflicht einzuführen. Wo die Leute von gestern an die Erfordernisse von heute herangeführt werden.

Jeder Böhme …

»Jeder Böhme, so ein Sprichwort, ist ein Musikant, und wenn das auf jemanden zutrifft, dann auf Antonín Dvořák«, so die BR-Klassik-Moderatorin.

Liebe BR-Klassik-Moderatorin,
(1) wie soll das gehen, dass dieses Allgemeinsprichwort auf jemand Einzelnen im besonderen zutrifft? Entweder sind in Böhmen alle Musikant_innen, dann auch Dvořák, oder halt nicht, und dann auch nicht Dvořák.
(2) Dvořák war ja wohl kein Musikant. LG

Zurichtung

Weihnachtsgeschenk

»… gegen all das uns Auferlegte, gegen das, was die Welt aus uns gemacht hat und noch in unendlich viel weiterem Maß aus uns machen will. Etwas anderes als die Reflexion darauf bleibt uns nicht, und der Versuch, von vornherein im Bewußtsein seiner objektiven Ohnmacht dagegen anzugehen; …« Adorno: Probleme der Moralphilosophie (1963), Frankfurt a.M. 1996, S.249.

Aerodynamik

27.10.2018 – Ein älteres Ehepaar steht bei einem älteren Antiquar, der vorm Laden ausweislich Schildern «Fahrräder zu kaufen» und «Räder zu verkaufen» anbietet. «Sie» hält ein Damenrad fest, «er» steht mordsskeptisch daneben, und der Antiquar entblödet sich nicht, bezüglich irgendeines Features am Rad daherzugschaftln: «Also klar, des is’ hald alles ach aweng was Aerodynamisches hald…!»

Also, Freunde … 😂 … ich mein, ein 125 Zentnertonnen schweres Damenfahrrad aus Betonstahlblei, da ist doch im Leben nix aerodynamisch dran – irgendwo muss aber auch mal Schluss sein mit Quatsch daherreden, das glaubt ihr doch langsam selbst nicht mehr, was ihr da aus Reklamezwecken so verzapft!

Vorauseilender Gehorsam

FJS-Pflicht

Hier in dieser Wohnung ist übrigens wegen der Kreuzpflicht für bayerische Behörden bereits in vorauseilendem Gehorsam nicht nur die gewiss schon in Vorbereitung befindliche Kreuzpflicht für Privatwohnungsküchen, sondern auch gleich die eventuell anstehende Franz-Josef-Strauß-Pflicht für Wohnräume aller Art* umgesetzt. Ein Prosit der Gemütlichkeit, zefix!

* Diese allerdings mit Kulleraugen, die FJS’ quakende Froschhaftigkeit voll zur Geltung bringen; was hoffentlich nicht als Blasphemie ausgelegt und mit Handgranaten geahndet wird.