Den Seinen nimmt’s der Herr im Schlaf

In dem niederbayerischen Dorf, in dem ich aufwuchs, entschied sich einer, gut anderthalb Jahrzehnte älter als ich, gleich nach dem Abitur für den Eintritt in einen katholischen Orden und ließ sich mit allem Pipapo zum Priester ausbilden. Als ich anderthalb Jahrzehnte alt war, kehrte er kurz ins Dorf zurück und feierte seine Primiz, die erste von einem römisch-katholischen Priester als Hauptzelebrant gefeierte heilige Messe. Ein Mordsbrimborium war das, ein Dorffest sondergleichen, fürs leibliche Wohl nach der Messe fürs Seelenheil war u. a. mit Würschteln vom Grill und Bier vom Fass bzw. Spezi und/oder Limo für die Kleinen gesorgt. Statt gewöhnlicher Pfarrer mit eigener Gemeinde zu werden, schlug er die Wissenschaftslaufbahn ein und bekleidet heute einen theologischen Lehrstuhl.

Woran ich mich erinnere: An einem Abend im Sportheim des örtlichen Vereins, in dem ich anderthalb Jahrzehnte Fußball spielte, unterhielten sich zwei über den damals noch Pater gewesenen Herren. Der eine davon war der Schwager des Paters (Pfarrersschwestern dürfen ja heiraten etc.) und Mittelfeldregisseur, der vor seinen Jahren beim Heimatverein in der drittuntersten Liga mal Landesliga-Recke gewesen war (in der immerhin sechsthöchsten Spielklassenebene!), der andere ein normaler Fußballer, wie ich, der dem Gespräch zuhörend beiwohnte.

Der Normale, ein raubeiniger rechter Verteidiger und Teil des Abwehrbollwerks der Ersten Herrenmannschaft, interessierte sich freilich irgendwann bzw. alsbald für die sexualen Aspekte des priesterlichen, genauer: des Lebens des in Rede stehenden Paters, und erhoffte sich schwägerliche Information oder immerhin biergeschwängerte Lacher. Personen mit Hoden produzieren bekanntlich ab der Geschlechtsreife in einer Tour Sperma, das irgendwann irgendwohin, jedenfalls exkorporiert werden muss.

Jetzt ist zölibatär lebenden Menschen neben der Ehe auch die geschlechtliche Betätigung untersagt, worunter, der Dorfvereinsmeinung nach jedenfalls, ebenfalls die Selbstbefriedigung fällt. Wie begegnet aber der Zölibatäre dem Problem, das sein Leib auf die Verpflichtung seiner Seele pfeift und perpetuierlich Spermatogenese, i. e. fortwährende Samenproduktion, betreibt?, begehrte also der Normale schmunzelnd zu wissen. »Mei, im Schlaf wird’s es ihm schon raushauen!«, sah sich der Schwager gezwungen, jovial zu spekulieren, weil er über die unterhöslichen Zustände seines ordinierten Schwähers freilich kaum Bescheid wusste.

Zahl des Tages

870*

* Der persönliche Tagesrekord an verkauften Waffeln des diensthabenden Waffelstandkassiers im Zoo Hannover. Am heutigen Karfreitag war bei schönstem Sonnenschein sehr viel los, also frugen die beiden Herren in der Schlange vor mir die Waffelzubereiterin, wie viele sie wohl an so einem Tage produziere. Ihre Schätzung war 500. Meine war ehrlich gesagt vierstellig gewesen. Gut, dass ich in den Small Talk nicht eingestiegen war. Und ob in diesen gottlosen Zeiten noch überhaupt irgendwer zur neunten Stunde (= 15 Uhr) zur Karfreitagsliturgie ging? Also ich nicht.

DLF: Katholische Morgenandacht

19.05.2022, kurz nach 6:30 Uhr | Im DLF echauffiert sich der Pfarrer der katholischen Morgenandacht über Steingärten, er achtet sogar ira sancta Gabionen gering und geißelt statt ihrer diese gabionenartigen Zäune mit bedruckten Sichtschutzplanen, auf denen weder Jungvögel fliegen lernen noch unter denen Igel schlummern könnten. Das Schlussgebet lautet, zum andachtseinleitenden Paradiesmotiv rundend, Nino-de-Angelo(!)-zitierend ca.: »Und wenn junge Menschen einst nicht mehr wissen, was es heißt, in der Natur zu sein – dann sind wir wirklich jenseits von Eden.« Ein berückend-erquickender Schwall, wie ihn die herrlichste Frühbrause nicht vermöchte.

Verzweifelte Predigt

Der Pfarrer des katholischen Gottesdienstes im ZDF zählte in seiner Apokalypse-Predigt gerade eine Reihe Weltuntergänge auf. Unter anderem: »Eine Welt geht auch unter mit dieser verdammten Pandemie, die wir schon längst im Griff hätten, wenn wir auf die Wissenschaft hören würden.« In der broadgecasteten Predigt fluchen und dem goldenen Kalb Wissenschaft huldigen – mein Gott, muss die Una Sancta verzweifelt sein.

Betr.: Sprechakttheorie

Wer schon mal was zur linguistischen Sprechakttheorie gehört hat, kennt vermutlich eines ihrer Standardbeispiele: die Taufe. Hier nun eine Nachricht aus der Welt der Fundamental-Sprechakttheorie:

»Der Fernsehsender „Telemundo Arizona“ berichtete am Dienstag von mutmaßlich Tausenden von Betroffenen, die der Priester Andrés Arango seit 2005 mit der Formel „Wir taufen dich“ statt wie vorgeschrieben „Ich taufe dich“ getauft hat und so die Taufe nicht gültig gespendet hat. […] Die vatikanische Glaubenskongregation hatte im Sommer 2020 festgestellt, dass eine Abänderung der Taufformel von der ersten Person Singular in die erste Person Plural nicht zulässig sei. Entsprechende Versuche der Spendung seien ungültig. Gültig wird das Sakrament nur mit der Formel „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ gespendet. Die versuchten Taufen von Arango seien vom Bistum in Abstimmung mit der Glaubenskongregation geprüft und für ungültig befunden worden, teilte der Bischof mit.« (Wegen falscher Formel: Tausende Taufen ungültig)

Purifikation gegen puristischen Quatsch

Expert*innen sagen, Kaffeekannen dürfe man niemals mit Spülmittel oder gar in der Spülmaschine reinigen; das käme, so hätten ihre Tests und Studien ergeben, der Entweihung einer Kirche mittels satanistischem Opferritual gleich. Die Wahrheit liegt wie so oft in der, Quatsch: ganz woanders. Wer schon einmal gesehen hat, wozu ein in heißem Wasser aufgelöster Markenspültab in einer völlig kaffeerestpatinierten, -verkrusteten, wo nicht -verschrundeten Kanne im Stande ist, hat eine Ahnung von Jesu Christi des Heilands purifizierender Potentaterei beim Jüngsten Gericht.

Der moderne Papst

Der Papst hat das Rücktrittsgesuch des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße abgelehnt. Dieser habe schließlich nicht mit Absicht sexuellen Missbrauch vertuscht. Also Schwamm drüber, kann er ja nix für! Der soll jetzt drei Rosenkränze beten – aber laut und ohne Schwindeln! –, und seine unabsichtlichen Sünden, für die er zu bemitleiden ist und ins päpstliche Gebet aufgenommen wird, sind ihm vergeben.

Aber wenn du im Vatikan anrufst, weil der Säugling mit luziferischer Freude wie vom Teufel besessen kreischt und den Kopf schon bedenklich weit um die eigene Achse dreht, versucht der Papst höchstpersönlich, alle Termine aus dem Kalender rauszuhauen, um den Exorzismus höchstheiligselbst durchzuführen. Es klappt dann leider doch nicht, weil er irgendwo die Armut anprangern muss, und du musst dich mit Seiner Heiligkeit Nummer 2, dem vatikanischen Kardinalstaatssekretär, begnügen, der dann mit einer Busladung voll Kardinalsdelegation und einem Lastwagen an Exorzismusausrüstung anrückt.

Kennst du niederbayerische Diözesen?

Am stolzesten beim Aiwanger-Telefonterror in TITANIC 09/2021 bin ich übrigens hierüber: Im Gespräch mit Theo Waigel jubilierte ich auf seine Frage, in welcher Diözese denn Aiwangers Wohnort läge, nach etwa drei Sekunden Schockstarre »… das ist Freising bei uns« ins Telefon.

Bei dieser Frage dachte ich im ersten Moment, jetzt wäre es vorüber und Waigel »hätte« mich. Aber weil Aiwangers Wohnort meines Wissens irgendwo in der Nähe von Landshut liegt, versuchte ich es aufs Geratewohl mit dem nächstgelegenen Ort, der Zentrum einer Diözese sein k ö n n t e . Und traf ins Schwarze, ha!

Wie ich nachträglich nachgeschlagen habe, stimmt Freising zwar gar nicht – Aiwanger gehört zur Diözese Regensburg –, aber auf bayerische Diözesen musst du erstmal kommen, selbst wenn du in der Diözese Regensburg aufgewachsen bist und bis 16 Ministrant warst.