Wo ist was

So manche*r las als Kind Wissenswertes über das Weltall, die Dinosaurier, erstaunliche Technologie und anderes in der Kinderbuchreihe WAS IST WAS des Tessloff Verlags. Mir selbst hat sich diese Marke so sehr eingebrannt, dass ich mir beim Anblick des folgenden Tessloff-Kleinkinderbuchs – völlig zurecht, meines Erachtens – die alberne Frage stelle: Warum heißt das nicht WO IST WO?

Zugegeben, der Titel gäbe nicht viel Inhalt her (»Links ist links.«, »Oben ist oben.«, …), außer man behandelte ihn philosophisch. Aber ich habe eine Slightly-offtopic-Anekdote: Im Bachelorstudium der Germanistik besuchte ich ein Hauptseminar namens »Das Motiv des Sterns bei Paul Celan«. Neben Poetologischem, Kabbalistischem und Holocaust- wie Antisemitismusthematisierendem war zentraler Gegenstand des Seminars Celans Beschäftigung mit physikalischen und technologischen Erscheinungen, unter anderem aus den Bereichen Astronomie und Astrologie. Das Referat der Sitzung zu den beiden letztgenannten Themen hielt eine Person, die das Seminar wahrscheinlich aus stundenplanökonomischen Gründen besuchte. Die Quellenliste am Ende ihrer Präsentation zeugte von ausgeprägter Lustlos- und Wurschtigkeit und versprühte das redbullgesättigte Air des »Die ersten drei Google-Treffer für ›Astrologie‹«. Enthielt sie doch u. a. – ich schwöre, ich lüge nicht – eine URL von wasistwas.de. Und zwar bierernst als adäquate Informationsquelle. Jede*r sollte von mir aus mit bestmöglichen Ergebnissen bei geringstmöglichem Aufwand von der Uni abgehen, aber darüber habe ich mich doch geärgert. Ich meine, wasistwas.de, im notabene Lehramtsstudium?! Mit so einer Quelle wirst du in der 8. Klasse Realschule vom Hof gejagt.

Schmarrn von vor 22 Jahr’n

14 oder 15 Jahre war ich alt, da machte ich bei einem riesigen deutschen Automobilhersteller ein Praktikum als Werkstoffprüfer. Diesen Ausbildungsberuf hatte ich zuvor bei einem Tag der offenen Tür mit volksfestartiger Umrahmung für mich auserkoren. Während dieses Praktikums erlebte ich etwas, das ich bis heute für ausgemachten Schmarrn hatte.

Ich und die anderen Praktikanten (ja, alle m) sollten irgendwelche kleinen Dinger ganz genau wiegen. Dazu gab es in der Abteilung eine recht genaue Waage mit einem würfelförmigen Plexiglaskasten von wahrscheinlich 15 cm Kantenlänge über der Wiegefläche, dessen obere Fläche als Klappe diente. Wir sollten die kleinen Dinger auf die Waage legen, dabei aber darauf achten, die Klappe oben ganz schnell zu öffnen und ebenso schnell wieder zu schließen. Denn: »Die Luft wiegt auch was!«, wie uns die uns betreuende Auszubildende einschärfte. Worauf ich innerlich mit einer ausgeprägten Finger-um-die-Schläfe-Geste reagiert habe.

Denn mal ehrlich: Das ist doch ausgemachter Schmarrn. Natürlich bin ich kein Luftdruckskeptiker, -kritiker oder gar -leugner (wohl aber Blutdruckleugner) und erkenne an, dass auch Luft was wiegt, obwohl es nur Luft ist, aber: Als könnte eins auf diese Weise das Messergebnis beeinflussen. In Wolkenkuckucksheim vielleicht!

Welche Messgenauigkeit die Waage hatte, weiß ich gar nicht mehr. Recht viel besser als eine Feinwaage zum Espressoabwiegen dürfte sie jetzt auch nicht gewesen sein, also ein Zehntelgramm Messgenauigkeit wahrscheinlich. Und selbst wenn es ein Hundertstelgramm gewesen wäre: Kein Mensch kann durch schnelles Deckelöffnen und ‑schließen eine relevante Menge Luft aus so einer Waagenabdeckhaube draußen halten. Das Teil machte auch keinerlei Eindruck, irgendwie luftdicht zu sein.

Wenn ihr mich fragt: Wäre der Kasten luftdicht gewesen und im Innern die Luft abgesaugt worden, wäre das Ergebnis auf der Anzeige zu merken gewesen. Schließlich wiegen 3,375 l Luft (= Würfel mit 15 cm Kantenlänge) bei einer angenommenen Dichte von 1,293 g/l immerhin 4,363875 g! Dann hätte ich gestaunt, denn das hätte ich mit 14 oder 15 Jahren nun wirklich nicht gedacht. So jedoch habe ich mich damals sehr gewundert und zwei Dekaden später schreibe ich es ins Internet.

Gelernt habe ich dann einen anderen Beruf bei einer anderen Firma.