Witz + Protokoll

Manfred Mann’s Orff Band

(Dieser Witz fiel mir kürzlich anlässlich der sogenannten Dad Rock Challenge einer lieben Facebookerin ein, die nach der dad-rockigsten Musikband fragte, von der man für gewöhnlich nur Radionummern/Singles kennt, um sich sadistisch-lustvoll deren komplette Diskographie anzuhören. Ich überlegte so: Menschenskinder, welche Band könnte ich denn da in die Drunterkommentare schreiben? Denn die allerallermeisten Dad Rock-Bands waren dort natürlich flugs notiert. Das Handy war beim spätabendlichen Einfall »Manfred Mann’s Earth Band« aber schon aus, und wie ich dann so im Bett liege und einschlafen will, schießt mir, freilich, »Manfred Mann’s Orff Band« ins prätraumale Gedankenbrackwasser. So wach bin ich noch, dass ich den klaren Gedanken »Ha, den muss ich mir merken und ins Internet reinschreiben!« hisse. Bloß wie merken? Wie oft schon hatte ich die leidvolle Erfahrung gemacht, dass mir kurz vorm Einschlafen oder, während ich nachm Aufwachen so dahinsimmere, Topwortspiele und andere Spitzenwitze eingefallen waren, die mir dann aber, wenn die erbarmungslosen Wachkategorien der Realität wieder instauriert, gleichwie entfallen waren. Dieses Mal suchte ich dem ein Schnippchen zu schlagen: Mit einer Mnemotechnik! Nie eine draufgehabt, also flugs eine zurechtgetapet. Ich stelle mir für jeden Bestandteil eine Person vor. Bei »Manfred« denke ich an den ehemaligen Nachbarn meiner Eltern, Manfred M., einen sehr freundlichen Michelin-Mitarbeiter. Bei »Mann« denke ich an, er ist der erstbeste, der mir einfällt, Thomas Mann. (Bitte nicht psychoanalysieren.) Bei »Orff« kommt nur Carl Orff in Frage, bombastisch-katastrophal untermalt von seiner Carmina Burana, schließlich bin ich schon in den Vorgärten der Träume. Bei – nicht vergessen! – »Band« denke ich an Facebookfreundin Judith S., die kürzlich drunterkommentarisch dazu aufforderte, man solle Band nur noch Musikband aussprechen (oder so ähnlich). Und was soll ich sagen? Es hat, man konnte es ja ganz oben schon sehen, geklappt! Wer bis hierher mitgelesen hat, versteht nun auch dies: Manfred M. Thomas Mann Carl Orff Judith S.)

Karaoke

Karaoke heißt auf Deutsch übrigens irgendwas mit Rauke. Genau weiß man’s nicht, weil zwischen allen möglichen deutschen Übersetzungen und der Bedeutung von Karaoke ein uncanny valley liegt.
»Lass uns rauken gehen«, sagten die Leute in Deutschland um 1950, wenn sie in eine Karaokebar gehen wollten. Manch einer verstand das falsch und ließ gleich vor Ort die Fäuste fliegen, denn wozu zum Raufen extra wo hingehen.
Französische Soldaten brachten den Ausdruck rauken nach Frankreich – leicht verfremdet als »raucker« bzw. »le raucke«. Von dort wiederum gelangte er durch britische Soldaten, die auf der Heimreise von Deutschland auf die Inseln gerne ein wenig in Frankreich urlaubten, nach Großbritannien. Wo er jedoch, weil »rauck« kaum jemand korrekt auszusprechen in der Lage noch willens war, kurzerhand zu »rock« umgeschrieben (»Sounds eh like our word for stone!«) und zusehends auf andere musikalische Bereiche denn besoffenes Fremdliedinterpretieren in grotesk bunt ausgeleuchteten Kneipen angewandt wurde.
Und irgendwann schließlich bezeichnete der Ausdruck das, was seit Dezennien als Rock bezeichnet wird – die ausgezuzelte Geschichte davon möge man sich aber in der Musikbuchabteilung einer Rolltreppen-Buch- und Nippeshandlung durchlesen.

Was mir hingegen jetzt noch viel wichtiger wäre: Robert Gernhardt schrieb einmal, wäre der Begriff Rock’n’Roll in Frankreich erfunden worden, er würde gewiss Rauck’n’Raul geschrieben werden. Ich meine, es vor Jahren im Erzählband »Kippfigur« gelesen zu haben, darin fand ich es durchskimmenderweise aber leider nicht wieder. Falls jemand was weiß oder wen kennt, die*der usw.

Stilkritik: Clownsaufzug

Junge Leute um Mitte 20, bitte hergelesen: Beim feierlich-vornehmen Anlass zum weißen Hemd die feine schwarze Hose in Ums-Haar-aber-dann-doch-nur-mit-halbem-Arsch-knöchelfrei-Hochwasseroptik und dazu wenig bis gar keine Socken in den blendend blanken Lederschuhen, es geht einfach nicht fit, ihr kleinen Fleischblitzer

Jetzt mag freilich eins einwenden, der Hochwasserstil sei halt Mode, werde sich vielleicht ja auch beim fein-vornehmen Anlass als Standard oder zumindest als auftragbare Alternative durchsetzen und meine Haltung konservativ wo nicht snobistisch. Aber das Clownesque ist zeitlos, und clownesque eben wirkt dieser Aufzug.