Kurz notiert (6)

Bierproduzent_innen grüßen sich traditionell mit der Brau Fist.

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Gesellschaftskritik, aber als Kritik für vergnügliche Abende unter Freund/innen

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Bauernverbandspräsident – mein liebstes Ährenamt!

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«wälzeln» (Eckhard Henscheid beim Auskundschafteln der dt. Sprache)

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Neuerwerbungen in der Bibliothek, aber mit Manuel Neuer als Testimonial
(Zusatzspaß, wo ich schon dabei bin: Heute, 14.30 Uhr, Fantreffen mit Manuel Neuer an der Ausleihbar)

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Max Goldt zum Sechzigsten

Gestern wurde der Dichter Max Goldt 60 Jahre alt. Anlässlich seiner letztjährigen Nürnberger Lesung am 29.12.17 hatte ich hier eine kleine Hommage an Goldt veröffentlicht. Darin hatte ich unter anderem angemerkt, Goldt jährlich ‹zwischen den Jahren› lesen zu sehen, sei «mittlerweile zur süßen Gewohnheit geworden wie der alljährliche grippale Infekt nach den Weihnachtsfeiertagen – der dieses Jahr allerdings, ‹toi toi toi›, erfreulicherweise ausblieb.» Leider jedoch hatte das «toi, toi, toi» überhaupt nicht geholfen, und so war ich wenige Tage später von einem solchen Infekt heimgesucht worden– und nicht nur von einem! In der Folgezeit «war ich so erkältungsanfällig [gewesen], daß ich manchmal sogar die Schnittmenge zweier Erkältungen erlebt [hatte] – die Nachwirkungen der gerade zurückliegenden [hatten] sich mit den Vorboten einer kommenden [überlappt].» (Max Goldt: Über kaltes Duschen)

Was ich nach überstandenem Erkältungsquartal jedoch nicht getan hatte, war, mir ganzjähriges kaltes Duschen anzugewöhnen, wie Goldt es im zitierten Text aus Gesundheits- wie aus Energiespargründen empfiehlt. Freilich ist es sommers ganz und gar erquickend, sich während Hitzeperioden morgens und abends und auch mal dazwischen eiskalt abzubrausen, aber im hiesigen Badezimmer ist es zur Winterreifenzeit von O bis O, d.h. von Oktober bis Ostern, so ungemütlich, ich müsste schon strenggläubig sein, um mich der Selbstkasteiung ausschließlich kalten Duschens auszusetzen.

Aber man muss Goldt, so wohlbegründet seine Empfehlung sein mag, ja auch nicht alles nachmachen. Wie man ihm, wenngleich er ein Autor mit vergleichsweise sehr hohem Volumenanteil wahren, zustimmungswürdigen Inhalts ist, auch nicht immer alles zu glauben braucht. So etwa die Behauptung am Ende des zitierten Textes. Dort schreibt er nach der Bemerkung, wohl habe er gehört, dass Männer mitunter als Warmduscher beschimpft würden, nie aber habe er gehört, dass einer Frau mit dem Schmähwort Warmduscherin «die Lebenszähigkeit» abgesprochen worden sei:

«Wie mancher weiß, bin ich ein Sammler noch nicht breitgetretener Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Hier ist ein neuer, gewissermaßen allerletzter: Ein Mann wechselt mit dem Tode sein Geschlecht. Aus ‹der Mann› wird ‹die Leiche›. Frauen haben nicht unter dieser ungewollten grammatischen Todestranssexualität zu leiden.» (a.a.O.)

Ob Max Goldt bei jeder Lesung dieses Textes schwitzt über der Angst, jemand aus dem Publikum könne diesem Textende lauthals entgegenhalten, «die Frau» erführe diese Todestranssexualität durchaus, indem sie zu «dem Leichnam» werde? Und wenn der Einwand wirklich käme, wäre er ausreichend gewappnet, darauf so etwas zu erwidern wie, man müsse das halt dialektisch betrachten: «die Frau» behielte ihr Geschlecht als «die Leiche» und wechselte es als «der Leichnam», während es sich beim Mann umgekehrt verhalte und sich These und Antithese hie wie da nicht synthetisieren ließen?

Vielleicht plagt ihn diese Sorge bei solchen Gelegenheiten tatsächlich, wird aber von Goldts jahrelanger Kenntnis seines Publikums gemildert, wo nicht verdrängt, da dort kaum rotzfreche, vorlaute Leute rumsitzen, die sich entblöden würden, den «Leichnam»-Einwand auf die Bühne zu plärren. Weswegen Goldtlesungen auch stets so angenehm sind. Obzwar bei der letztjährigen Lesung vor Beginn erstmals Selfie-machende Couples bzw. «Pärchen» (Goldt) zu sehen waren. Ach ach!

Die Top 3 meiner liebsten Namen aus der Wissenschaft

3. [ist mir jetzt leider entfallen, reiche ich bei Gelegenheit nach]

2. Giorgio Agamben – ich meine hallo?! Ein Nachname, bei dem man in der zweiten Hälfte den Mund kaum mehr aufzumachen braucht (Agambm), was soll das denn?

1. Tycho Brahe (1546–1601, dänischer Adeliger und einer der bedeutendsten Astronomen): Wohlklang ist ja wohl was andres, Freunde! Ein Name, dessen Bestandteile ab den Initialkonsonanten jeweils nichts sind als hässliche Vokale, bei denen man den Mund entweder spitzen muss wie ein Maulwurf (y, o) oder grotesk auseinanderzerren wie ein Frosch (a, e), sowie fragil-gehauchte „Konsonanten“, die so instabil sind wie diese japanischen Papiertüren, durch die Homer Simpson einfach durchlatscht. Bzw. das «h» in Brahe: spricht man das überhaupt? Sagt man [braa-hä]? Oder doch, wie ich seit Jahren: [braaää]? Hätte man sich das «he» ohnehin nicht lieber schenken sollen, und lieber «Tycho Bra» heißen? Dann hätte man immerhin einen Fernsehkommissar-kompatiblen Nachnamen aus zweisilbigem Vor- und einsilbigem Nachnamen. Allerdings immer noch «Tycho» als Vornamen! Und wer dächte dabei nicht immer unfreiwillig an all jene, die «Psychologie» nicht aussprechen können und statt dessen «Tsychologie» sagen! Aber nun gut: Tycho Brahe also; verdruckstes Halbgeständnis der Eltern, dass man am liebsten gar keinen Namen vergeben hätte, Krächzstumpen, die der Wind durchs Holztürl des Schuppens besser faucht, Vokal-Ender, die signalisieren, dass die Zeit nach dem aufgezwungenen Beginn der Existenz sich quälend endlos hinziehen kann wie spätestens das [äää] am Endä Braaäääs. Musste sich jemand mit einem solchen Namen unbedingt in die Annalen der Wissenschaft einschreiben? Ich meine: nein.

Metaljournalismus über Anaal Nathrakhs «Forward!»

Die Extreme Metaller Anaal Nathrakh unterlegen in ihrem Lied «Forward!» die Double Bass stellenweise mit einem Maschinengewehr-Sample. Damit machen es Mick ‹Irrumator› Kenney und Dave ‹V.I.T.R.I.O.L.› Hunt, die beiden einzigen Mitglieder der Band, den Metaljournalist_innen ja extreme einfach. Die Promo-, Quatsch: Rezis schreiben sich angesichts dieses buchstäblichen Geballers ja von selbst!

  • «Bei Anaal Nathrakh wird der Ausdruck Geballer wörtlich genommen, …»
  • «Anaal Nathrakh nehmen bei dieser Schlacht keine Gefangenen.»
  • «machen ernst mit ‹Black Metal ist Krieg›»
  • «Ruhe vor dem Sturm»
  • «Mick ‹Irrumator› Kenneys Schlagzeug ist im wahrsten Sinne das Wortes zur Schießbude umfunktioniert»
  • «feuert gnadenlos Salve um Salve ab»
  • «aus allen Rohren»
  • «mit auf Dauerfeuer gestellten Geschützen»
  • «mit maschinengewehrartiger Präzision knüppelt Mick ‹Irrumator› Kenney, während Dave ‹V.I.T.R.I.O.L.› Hunt schreit, als peitsche er seine Kameraden zum nochmaligen Sturm bei bereits verloren geglaubter Schlacht»
  • «Anaal Nathrakh zeigen Marduk, wo die MG den Abzug hat»
  • «Trommelfeuer»
  • «fahren schwere Geschütze auf»
  • «trägt man beim Hören am besten einen Stahlhelm»
  • «Kesselartillerie»
  • «sollte man vor den Boxen in Deckung gehen»
  • «unbarmherzig»
  • «Wahnsinn des Kriegs»
  • «Oberst V.I.T.R.I.O.L. und sein Feldwebel Irrumator»
  • «… kann einiges.»
  • «Die Textzeile ‹may it all be over by christmas› lässt trotz des unveröffentlichten und größtenteils unverständlichen Text vermuten, das Lied drehe sich um eine Begebenheit während des Ersten Weltkriegs: französische und deutsche Soldaten hatten an einem Weihnachtsabend eine Waffenruhe eingelegt und sich auf dem Schlachtfeld zwischen den Schützengräben zum gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern getroffen.»

Don’t Forget About Dr. Dre!

Der US-amerikanische Rapper und Produzent Dr. Dre ist gerade im Studio, um sein Habilitations-Album einzurappen. Nachdem seine Postdocphase bald schon drei Jahrzehnte zurückliegt, will er endlich die Next Episode seiner akademischen Karriere einläuten.
Das Album wird manchen Verweis auf frühere Alben enthalten, so z.B. die Skits «Ed-Ucation Pt. II» und «The Doctor’s Office Pt. II» sowie die Songs «A Nigga Witta Library Card», «Rat-Tat-Tat-Tat (Goes the Typewriter)» und «Fuck You Bitch Niggaz».
Wenn die Habil angenommen wird, wird er fürderhin nur noch als Prof. Dre auftreten werden. Gedruckt werden soll sie dann mit Murder Ink auf Dead-Prez-Papier.

Aktualisierung 10.09.2018, 11.07 Uhr: Glaubt ihr’s? Kaum G-funke ich Dr. Dres Habilitations-Projekt durch, macht sich das Internet schon mit geloadeten pieces daran, seine Dissertations-Platte (Gangstaslang: «Diss») auf Plagiate hin zu untersuchen! Gerüchte kursieren, es seien bereits erste nicht als Zitate gekennzeichnete Samples und abgefangene Punchlines entdeckt worden. What the monster ass fuck, da wird doch wohl nicht die nächste Doktortitelaberkennung bevorstehen und einer bald nur noch als Dre (M.A.) auftreten können? Wenn dem so sein sollte, ginge es wohl direktemang zurück nach straight backa Compton.
I’ll keep you posted, bitch niggaz!

«Die gute Nachricht des Tages» auf Klassik Radio

05.09.2018: Das Klassik Radio ist ein Arschlochradio. Zu Beginn der «guten Nachricht des Tages» vermeldet die Ansagerin, immer mehr Menschen lebten knapp (!) an der Grenze zu Armut. Aber, so die gute Nachricht, die Deutschen hätten ein Herz für einander. Seien im letzten Jahr doch 35 Millionen Euro mehr als sonst für Bedürftige gespendet worden, 35 Millionen Euro mehr (!).

Und warum ist das Klassik Radio nun ein Arschlochradio? Weil es in der «guten Nachricht des Tages» keine Sekunde um die, die knapp (!) über der Armutsgrenze leben, geht – und schon gar nicht um das Geschmeiß, das tatsächlich arm ist. Sondern es geht ausschließlich um die edlen Spender_innen, aus denen ein Gutteil des Klassik-Radio-Publikums bestehen dürfte. Sie sollen sich gut fühlen in ihrer Spenderei, ihnen pudert man hier den Hintern für ihre Freigiebigkeit. Daran, dass sich je etwas änderte an den Verhältnissen, die so viel Armut bzw. so viele Leben knapp (! – man sorgt schließlich dafür, dass die Lohnabhängigen gerade so über die Runden kommen) über der Armutsgrenze hervorbringen, kann hier niemand ernstlich ein Interesse haben. Und das weiß man auch beim Klientelsender Klassik Radio.

«Nur, weil ich Milliardär bin, heißt das nicht, daß ich nicht Kommunist sein kann, aber es wäre halt echt schön blöd 😀» (Valentin Witt)

Früher war alles ausgeleiert

28.08.18: «Kinder heutzutage», vermeldet die Ansagerin im Klassik Radio bereits um 6:52 Uhr, «wissen ja gar nicht mehr, was sie mit einem Bleistift und einer Kassette machen sollen.» Ich ehrlich gesagt grad auch nicht, und ich bin ein Kind von immerhin ein bisschen früher. «Was war das für ein Drama, wenn das Band einer meiner Bibi-Blocksberg-Kassette ausgeleiert war!», reminiscirt sie fort, und schon schnackelt’s auch bei mir. Nachdem sie das Thema Kassetten und Bibi Blocksberg noch ein wenig ausgeleiert hat – ich höre wegen der Müslivorbereitungen nur mit halbem Ohr hin, manches überhöre ich auch wegen des aufbrandenden Wassers im Kocher –, schließt sie mit den Worten: «Und manchmal, wenn es mir ganz schlecht, höre ich immer noch eine Kassette von damals.» Oh je, denke ich, hoffentlich geht es Ihnen nicht zu oft schlecht, aber zefix DAS GLAUBST DU DOCH SELBST NICHT was du da verzapfst! Da wette ich 100 Sesterzen, dass sie überhaupt kein Kassettendeck und keinen Kassettenkram mehr hat, und wenn doch, dann hört sie damit keinesfalls die alten Blocksbergkassetten, sondern NIX. Und außerdem: Warum in Gottes Namen sollte ein Kind heutzutage wissen, was man mit einem Bleistift und einer Kassette macht bzw. wie man ein ausgeleiertes Kassettenband wieder aufwickelt! Menschenskinder, ab morgen höre ich zum Frühstück Death-Metal-Radio. Da versteht man wenigstens nichts.